LOGOPÄDISCHE PRAXIS SEEL

Sprachentwicklungsverzögerungen

Sprach- und Sprechauffälligkeiten im Kindesalter Sprachentwicklungsverzögerungen Eine Sprachentwicklungsverzögerung kann als ein zeitlich verzögertes, spärliches Einsetzen und/oder eine verzögerte Erweiterung der kindlichen Sprache definiert werden. Es kann zu Einschränkungen in einzelnen oder gar allen Komponenten des Sprachsystems wie der Lautbildung/Artikulation, dem Wortschatz, des Sprachverständnisses und der Grammatik kommen, wie ich sie im weiteren genauer beleuchten werde. Zuweilen gehen Sprachentwicklungsverzögerungen auch mit Auffälligkeiten im außersprachlichen Bereich wie beispielsweise der Hör- und Sehwahrnehmung und/oder der motorischen Entwicklung einher. Die Ursachen für Sprachentwicklungsverzögerungen sind äußerst vielfältig. Sie können beispielsweise durch nicht oder zu spät erkannte Hörstörungen oder auch durch eine Schwäche der motorischen Fähigkeiten von Lippen und Zunge ausgelöst werden. Es gibt noch etliche weitere Faktoren, die beim Spracherwerb eine große Rolle spielen. Tipps für Eltern, Angehörige und Interessierte, wie Sie Ihr Kind bei der Sprachentwicklung optimal unterstützen können, finden Sie unter: Beratungsbogen zur Sprachanbahnung Lautbildung / Artikulation Störungen der Aussprache / Phonetisch-phonologische Störungen (ehemals bezeichnet als Dyslalien). Bei einer Aussprachestörung werden Laute bzw. Lautverbindungen entweder fehlgebildet, ersetzt (z. B. „Tleider“ statt „Kleider“, „droß“ statt „groß“) oder ausgelassen (z. B. „Traße“ statt „Straße“). Eine der am häufigsten auftretenden Artikulationsstörungen ist der sogenannte Sigmatismus (umgangssprachlich „Lispeln“). Hierbei wird der Laut /s/ fehlerhaft gebildet, beispielsweise mit der Zunge zwischen den Zähnen. Aussprachestörungen gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen. Manche Kinder haben lediglich Schwierigkeiten mit einem einzelnen Laut und können diesen bei bestimmten Wörtern vielleicht sogar schon korrekt bilden. Andere ersetzen sehr viele Laute bzw. bilden diese fehlerhaft, so dass sie von Außenstehenden teilweise nur schwerlich verstanden werden. Die Ursachen sind ebenso vielfältig: Eine Artikulationsstörung kann beispielsweise bei intaktem Hörvermögen durch Wahrnehmungsprobleme beim Unterscheiden ähnlich klingender Laute wie z. B. /t/ und /k/ entstehen. Das Kind kann möglicherweise die Wörter „Kanne“ und „Tanne“ zwar von ihrem Sinn, nicht aber von ihrem Lautbild her unterscheiden. Eine andere Ursache kann in einem muskulär unkoordinierten Zusammenspiel oder einer zu schwach ausgeprägten Muskulatur von Zunge, Lippen und Kiefer liegen. So können womöglich die Laute /s/ oder /sch/ oft nicht oder nur fehlerhaft gebildet werden, weil eine feindosierte Zungenspannung nicht möglich ist, die insbesondere für die Zischlaute erforderlich ist. Wichtig ist die Unterscheidung „echter“ Artikulationsstörungen vom altersgerechten, also physiologischen Entwicklungsstammeln: Verschiedene Laute dürfen in einer bestimmten Entwicklungsstufe noch fehlgebildet werden, das heißt, in diesen Fällen ist keinesfalls eine logopädische Therapie erforderlich. Beispielsweise muss ein dreijähriges Kind den Laut /sch/, der zur Gruppe der Zischlaute gehört, noch nicht aussprechen können, da Zischlaute in der Regel erst verhältnismäßig spät erworben werden. Mit ungefähr 4 ½ Jahren sollten Kinder alle Sprachlaute bilden können. Wenn unklar ist, ob eine Artikulationsstörung vorliegt, kann eine logopädische Abklärung nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll sein. Wortschatzdefizite Wenn der Wortschatz eines Kindes eingeschränkt ist, kann es verschiedene Dinge nicht oder nur unzureichend mitteilen, was häufig zur Frustration führt. Es möchte beispielsweise etwas Wichtiges erklären, und es fehlen ihm einfach die Worte dazu. Typische Verhaltensweisen bei einem zu geringen Wortschatz können sein: Das Kind zeigt viel auf Gegenstände („das da“), weil es den spezifischen Begriff nicht kennt (z. B. „das Dings da“ statt „die Lampe“). Es benutzt einen Oberbegriff für ein spezielles Wort (z. B. „Schuhe“ statt „Sandalen“). Es erklärt einen Begriff, (z. B. „da kann man Essen drin machen“) statt das konkrete Wort („Topf“) zu verwenden. Im ungünstigsten Fall beginnt das Kind, sich zurückzuziehen, Sprache zu vermeiden oder ausweichend zu antworten. Insbesondere bei Wortschatzdefiziten sowie bei Störungen des Sprachverständnisses möchte ich auf den Beratungsbogen zur Sprachanbahnung verweisen. Grammatikalische Auffälligkeiten: Dysgrammatismus oder Entwicklungsdysphasie Selten treten grammatikalische Schwierigkeiten isoliert auf. Meist sind sie Teilsymptomatik einer umfassenden, sprachspezifischen Entwicklungsstörung, stellen also keine eigenständige Störung dar. So ist beispielsweise der Sprechbeginn von Kindern mit Dysgrammatismus oft deutlich verzögert und der frühe Wortschatz eingeschränkt. Beispiele für kindliche Äußerungen: „Die Kuh fresse Gras.“ (Verb ist nicht auf das Subjekt abgestimmt) „Ich hab’ zwei Äpfels.“ (fehlerhafte Bildung der Mehrzahl) „Der nicht in Höhle darf.“ (fehlerhafte Satzstellung) „Papa Auto hol.“ (Verbendstellung, Artikelauslassung) Hinweis: Auch hier gilt natürlich, dass Äußerungen, wie im obigen Beispiel beschrieben, in einem bestimmten Entwicklungsstadium völlig angemessen sind; wichtig ist, dass Sprache immer im Verhältnis zum Alter des Kindes gesehen wird. Eine möglichst frühzeitige Förderung ist bei Kindern mit Dysgrammatismus von großer Bedeutung, da bei fehlender Unterstützung häufig das spätere, schulische Lernen erschwert ist. Sprachverständnisstörungen Einem eingeschränkten Sprachverständnis liegt in der Regel auch ein reduzierter Wortschatz zugrunde. Im Alltag fallen Defizite bezüglich des Sprachverständnisses häufig nicht auf, da das Kind sprachliche Anweisungen wie z. B. „Schraube die Flasche bitte auf und schenke Wasser in dein Glas ein!“ aufgrund des situativen Kontextes gut verstehen kann. Häufig zeigt man bei einer solchen Aufforderung auch auf das jeweilige Objekt (hier: Flasche), so dass das Kind richtig reagiert, obwohl ihm vielleicht die Begriffe „schrauben“, „Flasche“ oder auch das Funktionswort „in“ nicht geläufig sind. Kommt es in einzelnen oder allen der oben beschriebenen Bereichen zu Einschränkungen, so wird, je nach Ausprägung, von Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung gesprochen. Logopädische Therapie Die Aufgabe von Logopäd*innen besteht darin, die beschriebenen Auffälligkeiten als solche beobachtungsdiagnostisch sowie durch spezifische Diagnostikmittel zu erfassen, Eltern und Angehörige zu informieren und zu beraten sowie bei Bedarf eine logopädische Behandlung (nach ärztlicher Verordnung) durchzuführen.

LOGOPÄDISCHE PRAXIS SEEL

Sprachentwicklungsverzögerungen

Sprach- und Sprechauffälligkeiten im Kindesalter Sprachentwicklungsverzögerungen Eine Sprachentwicklungsverzögerung kann als ein zeitlich verzögertes, spärliches Einsetzen und/oder eine verzögerte Erweiterung der kindlichen Sprache definiert werden. Es kann zu Einschränkungen in einzelnen oder gar allen Komponenten des Sprachsystems wie der Lautbildung/Artikulation, dem Wortschatz, des Sprachverständnisses und der Grammatik kommen, wie ich sie im weiteren genauer beleuchten werde. Zuweilen gehen Sprachentwicklungsverzögerungen auch mit Auffälligkeiten im außersprachlichen Bereich wie beispielsweise der Hör- und Sehwahrnehmung und/oder der motorischen Entwicklung einher. Die Ursachen für Sprachentwicklungsverzögerungen sind äußerst vielfältig. Sie können beispielsweise durch nicht oder zu spät erkannte Hörstörungen oder auch durch eine Schwäche der motorischen Fähigkeiten von Lippen und Zunge ausgelöst werden. Es gibt noch etliche weitere Faktoren, die beim Spracherwerb eine große Rolle spielen. Tipps für Eltern, Angehörige und Interessierte, wie Sie Ihr Kind bei der Sprachentwicklung optimal unterstützen können, finden Sie unter: Beratungsbogen zur Sprachanbahnung Lautbildung / Artikulation Störungen der Aussprache / Phonetisch-phonologische Störungen (ehemals bezeichnet als Dyslalien). Bei einer Aussprachestörung werden Laute bzw. Lautverbindungen entweder fehlgebildet, ersetzt (z. B. „Tleider“ statt „Kleider“, „droß“ statt „groß“) oder ausgelassen (z. B. „Traße“ statt „Straße“). Eine der am häufigsten auftretenden Artikulationsstörungen ist der sogenannte Sigmatismus (umgangssprachlich „Lispeln“). Hierbei wird der Laut /s/ fehlerhaft gebildet, beispielsweise mit der Zunge zwischen den Zähnen. Aussprachestörungen gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen. Manche Kinder haben lediglich Schwierigkeiten mit einem einzelnen Laut und können diesen bei bestimmten Wörtern vielleicht sogar schon korrekt bilden. Andere ersetzen sehr viele Laute bzw. bilden diese fehlerhaft, so dass sie von Außenstehenden teilweise nur schwerlich verstanden werden. Die Ursachen sind ebenso vielfältig: Eine Artikulationsstörung kann beispielsweise bei intaktem Hörvermögen durch Wahrnehmungsprobleme beim Unterscheiden ähnlich klingender Laute wie z. B. /t/ und /k/ entstehen. Das Kind kann möglicherweise die Wörter „Kanne“ und „Tanne“ zwar von ihrem Sinn, nicht aber von ihrem Lautbild her unterscheiden. Eine andere Ursache kann in einem muskulär unkoordinierten Zusammenspiel oder einer zu schwach ausgeprägten Muskulatur von Zunge, Lippen und Kiefer liegen. So können womöglich die Laute /s/ oder /sch/ oft nicht oder nur fehlerhaft gebildet werden, weil eine feindosierte Zungenspannung nicht möglich ist, die insbesondere für die Zischlaute erforderlich ist. Wichtig ist die Unterscheidung „echter“ Artikulationsstörungen vom altersgerechten, also physiologischen Entwicklungsstammeln: Verschiedene Laute dürfen in einer bestimmten Entwicklungsstufe noch fehlgebildet werden, das heißt, in diesen Fällen ist keinesfalls eine logopädische Therapie erforderlich. Beispielsweise muss ein dreijähriges Kind den Laut /sch/, der zur Gruppe der Zischlaute gehört, noch nicht aussprechen können, da Zischlaute in der Regel erst verhältnismäßig spät erworben werden. Mit ungefähr 4 ½ Jahren sollten Kinder alle Sprachlaute bilden können. Wenn unklar ist, ob eine Artikulationsstörung vorliegt, kann eine logopädische Abklärung nach ärztlicher Rücksprache sinnvoll sein. Wortschatzdefizite Wenn der Wortschatz eines Kindes eingeschränkt ist, kann es verschiedene Dinge nicht oder nur unzureichend mitteilen, was häufig zur Frustration führt. Es möchte beispielsweise etwas Wichtiges erklären, und es fehlen ihm einfach die Worte dazu. Typische Verhaltensweisen bei einem zu geringen Wortschatz können sein: Das Kind zeigt viel auf Gegenstände („das da“), weil es den spezifischen Begriff nicht kennt (z. B. „das Dings da“ statt „die Lampe“). Es benutzt einen Oberbegriff für ein spezielles Wort (z. B. „Schuhe“ statt „Sandalen“). Es erklärt einen Begriff, (z. B. „da kann man Essen drin machen“) statt das konkrete Wort („Topf“) zu verwenden. Im ungünstigsten Fall beginnt das Kind, sich zurückzuziehen, Sprache zu vermeiden oder ausweichend zu antworten. Insbesondere bei Wortschatzdefiziten sowie bei Störungen des Sprachverständnisses möchte ich auf den Beratungsbogen zur Sprachanbahnung verweisen. Grammatikalische Auffälligkeiten: Dysgrammatismus oder Entwicklungsdysphasie Selten treten grammatikalische Schwierigkeiten isoliert auf. Meist sind sie Teilsymptomatik einer umfassenden, sprachspezifischen Entwicklungsstörung, stellen also keine eigenständige Störung dar. So ist beispielsweise der Sprechbeginn von Kindern mit Dysgrammatismus oft deutlich verzögert und der frühe Wortschatz eingeschränkt. Beispiele für kindliche Äußerungen: „Die Kuh fresse Gras.“ (Verb ist nicht auf das Subjekt abgestimmt) „Ich hab’ zwei Äpfels.“ (fehlerhafte Bildung der Mehrzahl) „Der nicht in Höhle darf.“ (fehlerhafte Satzstellung) „Papa Auto hol.“ (Verbendstellung, Artikelauslassung) Hinweis: Auch hier gilt natürlich, dass Äußerungen, wie im obigen Beispiel beschrieben, in einem bestimmten Entwicklungsstadium völlig angemessen sind; wichtig ist, dass Sprache immer im Verhältnis zum Alter des Kindes gesehen wird. Eine möglichst frühzeitige Förderung ist bei Kindern mit Dysgrammatismus von großer Bedeutung, da bei fehlender Unterstützung häufig das spätere, schulische Lernen erschwert ist. Sprachverständnisstörungen Einem eingeschränkten Sprachverständnis liegt in der Regel auch ein reduzierter Wortschatz zugrunde. Im Alltag fallen Defizite bezüglich des Sprachverständnisses häufig nicht auf, da das Kind sprachliche Anweisungen wie z. B. „Schraube die Flasche bitte auf und schenke Wasser in dein Glas ein!“ aufgrund des situativen Kontextes gut verstehen kann. Häufig zeigt man bei einer solchen Aufforderung auch auf das jeweilige Objekt (hier: Flasche), so dass das Kind richtig reagiert, obwohl ihm vielleicht die Begriffe „schrauben“, „Flasche“ oder auch das Funktionswort „in“ nicht geläufig sind. Kommt es in einzelnen oder allen der oben beschriebenen Bereichen zu Einschränkungen, so wird, je nach Ausprägung, von Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung gesprochen. Logopädische Therapie Die Aufgabe von Logopäd*innen besteht darin, die beschriebenen Auffälligkeiten als solche beobachtungsdiagnostisch sowie durch spezifische Diagnostikmittel zu erfassen, Eltern und Angehörige zu informieren und zu beraten sowie bei Bedarf eine logopädische Behandlung (nach ärztlicher Verordnung) durchzuführen.